Rätsel um Leichhardts Schulzeit sind offenbar gelöst
Das Protokollbuch.
Foto: Elsner Lausitzer Rundschau
Von Ulrike Elsner
Archivfund beweist: Späterer Australienforscher war sieben Jahre Gymnasiast in Cottbus
COTTBUS Ab wann war Ludwig Leichhardt Gymnasiast in Cottbus? Diese Frage treibt Heimatforscher seit Jahren um. Bisher stand nur fest, dass der spätere Australienforscher 1831 in Cottbus das Abitur abgelegt hat. Jetzt beweist ein Zufallsfund in Stadtarchiv: Leichhardt wurde 1824 in Cottbus in die Quinta aufgenommen.
Nicht nur Ludwig Leichhardts vermutlicher Tod im Jahr 1848 im australischen Outback ist geheimnisumwoben. Auch der genaue Verlauf seiner Schulausbildung war bisher ungeklärt. Für den Cottbuser Ludwig-Leichhardt-Arbeitskreis ist das im Vorfeld des 200. Geburtstages des Forschers ein wichtiges Thema. Während auf der Homepage der Stadt immer noch zu lesen ist, dass Leichhardt das Cottbuser Gymnasium von 1829 und 1831 besucht hat, wissen es die Cottbuser Leichhardt-Freunde bereits besser. Mit dem Schulprogramm des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums von 1827/1828 haben sie belegen können, dass Leichhardt schon 1827 Gymnasiast in Cottbus war.
Nach einem sensationellen Zufallsfund im Cottbuser Stadtarchiv muss die Biografie des jungen Leichhardt erneut umgeschrieben werden. Vor gerade einmal zwei Wochen ist Stadtarchivar Udo Bauer auf eine in graugrüne Pappe gebundene 193 Jahre alte Handschrift gestoßen. Ihr Titel: "Protocoll-Buch der Schul-Conferenzen am Gymnasio in Cottbus (1820 – 1833)".
"Das ist ein Glücksfund", schwärmt der Archivar, "weil damit Lücken in der Leichhardt-Forschung geschlossen werden können." Aufgefallen war ihm der Band bei Aufräumarbeiten im Magazin.
Das Buch hatte dort über Jahrzehnte unbemerkt gelegen. "Das ist ein Problem, das aus den Anfangszeiten des Archivs herrührt", ist sich Udo Bauer sicher. Unter der Signatur XXV (Schulangelegenheiten) steht es nicht im Findbuch, weil niemals eine Karteikarte angelegt worden war. Auch als 1968 neue Aktensignaturen eingeführt wurden, blieb die Chronik unregistriert.
Bis die Ergebnisse einer umfassenden Auswertung vorliegen, wird noch einige Zeit vergehen. In einer ersten Durchsicht hat der Archivar aber 25 bis 30 Eintragungen zu Leichhardt gefunden. Der erste findet sich auf Seite 19. Dort wird unter dem Datum Ostern 1825 vermerkt, dass "Leichhard" in der Lateinklasse von Quinta (Klasse 6) nach Quarta (Klasse 7) "unbedingt zu versetzen" ist. Daraus folgt, dass der gebürtige Trebatscher 1824 nach Cottbus gekommen ist. Angefügte Beurteilungen bescheinigen, dass seine Rechen-Kenntnisse "zugenommen" haben, Geschichte und Geografie als "genügend" bewertet und seine Studien in Religion "zur Zufriedenheit" ausgefallen sind. Auch auf der Umschlagseite ist der Name Leichhardt mit einer flüchtig hingeworfenen Notiz vermerkt: "Sechs Groschen, Tanzschule", heißt es dort. "Hat Leichhardt in Cottbus etwa eine Tanzschule besucht?", fragt Udo Bauer.