Nach 22 Flugstunden in Trebatsch
Trebatsch (MOZ) So viel Australien gab es beim Leichardt-Lauf- und Dorffest in Trebatsch noch nie. Zur 36. Auflage am Sonnabend kam ein Paar direkt aus Melbourne, ein anderes mit jeder Menge Australien-Erfahrung aus dem Ruhrpott.
Das Leben schreibt oft ungewöhnliche Geschichten. Seit 13 Jahren leben die Brandenburgerin Anett Wockenfuß, seit 18 Monaten der Rheinländer Marc Hoyer in Australien - 16000 Kilometer und 22 Flugstunden von der Heimat entfernt. In Melbourne lernten sich die Immobilien-Expertin und der IT-Fachmann am deutschen Stammtisch kennen. "Seitdem sind wir ein Paar. Es war Liebe auf dem ersten Blick", gesteht die gebürtige Frankfurterin am Sonnabend. Und sie erzählt, vor einigen Jahren bei einer Fahrt durch Trebatsch auf den Australien-Forscher Ludwig Leichhardt aufmerksam geworden zu sein. Leichhardt wurde 1813 dort geboren.
Inzwischen ist die jetzt 41-jährige Anett Wockenfuß auch dank ihrer Freundin Britt Henning, einer gebürtigen Trebatscherin, Mitglied der Ludwig-Leichhardt-Gesellschaft. Dieser Verein bringt Leben in das 1988 an der Sawaller Straße eröffnete Leichhardt-Museum, leistet einen Beitrag zur Würdigung des in Australien verschollenen Forschers und bereichert das kulturelle Leben in der Region.
Für Trebatsch und die Leichhardt-Gesellschaft interessiert sich auch der Dortmunder Australien-Fan Erhard Lauf (63). Mit seiner Ehefrau Irmgard ist der ehemalige Bergbau-Kumpel nun schon das siebte Mal im Taucher Ortsteil - diesmal mit eigenen Rädern, um am Volkssport- und Dorffest teilzunehmen. "Beim Ludwig-Leichhardt-Gedenklauf, an dem auch gewandert oder geradelt werden kann, geht es nicht ums Tempo, nicht um vordere Plätze. Nur ums Mitmachen", weiß Lauf. Und er gerät ins Schwärmen, als er von seinen Wohnmobil-Touren von bis zu sechs Wochen und zig tausend Kilometer quer durch Down Under erzählt. Später gesteht Erhard Lauf, dass seine Irmgard und er schon lange darüber nachdenken, im Beeskower Raum einen neuen Lebensmittelpunkt zu finden. "Hier ist die Welt noch in Ordnung."
Voller Stolz zeigt André Parade vor dem Start des Leichhardt-Gedenklaufs, den Anett Wockenfuß vollzieht, eine neue Medaille. "Wer seit der Laufpremiere 1981 mehrfach am Start war - manche 25-, 30-mal -, bekam bisher immer ein Präsent", klärt der 55-jährige Geschichts- und Geografielehrer auf. Er lebt seit 1990 Trebatsch und ist seit 16 Jahren Vorsitzender der Leichhardt-Gesellschaft. Die neue Gold-Medaille mit einem Porträt des Forschers erhalten an diesen Sonnabend besonders verdienstvolle Mitmacher, darunter der 84-jährige Konrad Wirsig. Der einstige Sportlehrer rief 1981 den Gedenklauf ins Leben.
Mit einem Programm der Taucher Grundschule, einer Bumerang-Show des Weltrekordhalters Nils Bürger, dem Fackelumzug mit den Goyatzer Blasmusikanten und einem Lagerfeuer mit Diskomusik und Feuerwerk geht dieser Tag zu Ende. Am morgigen Dienstag lädt Trebatsch erstmals zur deutschlandweiten Ludwig-Leichhardt-Konferenz ein. André Parade: "Dienstag werden in unserem Museum die diesjährigen Ludwig-Leichhardt-Preise an drei Schulen vergeben."