Voll besetztes Symposium zum 200. Geburtstag des Australienforschers / Begeisterung soll auch in Zukunft weitergetragen werden
Lieberose Warum wurde Alexander von Humboldt so viel berühmter als Ludwig Leichhardt? Diese und andere Fragen haben die Teilnehmer des Leichhardt-Symposiums am gestrigen Freitag bewegt. In der Lieberoser Darre war jeder Platz besetzt.
Lust auf Forschung machte Professor Dr. Günter Bayerl gleich im ersten Vortrag des Tages. Sein Impulsreferat beschäftigte sich mit der Frage "Der Unbekannte? Ludwig Leichhardt in der Geschichtswissenschaft" und stellte dem Wundern darüber, warum der Australienforscher längst nicht so bekannt und berühmt ist wie er angesichts seiner Leistungen sein sollte, ein paar Fakten gegenüber.
Er teilte die Fragestellung in persönliche Aspekte einerseits und in die Art und Weise, wie und wo seine Leistungen erwähnt wurden andererseits. "Seine Persönlichkeit ist von der Forschung noch nicht hundertprozentig erschlossen", so Bayerl. "Es gibt viele offene Fragen zu konkreten Punkten in seiner Biographie." Als Beispiele nannte er, wo Leichhardt während seiner Cottbuser Schulzeit genau wohnte und wie lange er wirklich zur Schule ging. "Da gibt es viele Thesen", machte Bayerl deutlich, "aber es fehlt ein eigenes Forum, wo man sie diskutieren könnte".
Anhand der Wahrnehmung Leichhardts in der Literatur zeigte der Inhaber des Lehrstuhls Technikgeschichte an der BTU Cottbus weiter, dass der Lausitzer Forscher in jüngsten Veröffentlichungen seltener und kürzer erwähnt wird als früher. Im 19. Jahrhundert waren sich einschlägige Autoren noch sicher, "dass sein Name auf ewig bestehen bleibt". Bayerl führt dies auf verschiedene Faktoren zurück. Weiße Flecken auf der Landkarte gebe es heute nicht mehr, statt dessen werden Rohstoffe beispielsweise in den Tiefen des Ozeans oder im Weltall gesucht. Der Erwartungshorizont für Expeditionen hat sich also stark verschoben. Doch auch in früheren Jahren bewegte sich die Aufmerksamkeit weg von Australien und seiner Erkundung – außer im angelsächsischen Raum – und hin zu einer eurozentristischen Sicht der Weltgeschichte, die als Spielfeld der Großmächte wahrgenommen wurde. Wo Australien nicht vorkam, konnte Leichhardt nicht erwähnt werden.
Was die Region angehe, so Bayerl, so sei die brandenburgisch-preußische Geschichte sehr hauptstadtorientiert in Richtung Berlin, Potsdam und Umgebung. "Die Peripherie kommt wenig vor", unterstrich er – und damit auch der im ländlichen Trebatsch geborene Australien-Forscher.
Am Unterschied zwischen dem Bekanntheitsgrad Alexander von Humboldts und Ludwig Leichhardts machte Bayerl weitere Faktoren deutlich: Humboldt stammte aus einer wohlhabenden, protegierten Familie, Leichhardt aus deutlich bescheideneren Verhältnissen; Humboldt machte sich schon früh einen wissenschaftlichen Namen und publizierte viel, Leichhardt war ein Studienabbrecher und schrieb seine Erkenntnisse hastig nieder, eher er zu nächsten Expedition aufbrach; für deren Ausstattung war er abhängig von Mäzenen und musste mit Geld haushalten, während Humboldt aus dem Vollen schöpfen konnte.
Daraus jedoch zu folgern, Leichhardt sei in Deutschland unbekannt, wäre irreführend. Allein die Stadt Cottbus hat eine Allee, ein Kulturhaus, eine Brücke, ein Gymnasium nach dem Australienforscher benannt und eine Gedenktafel am Oberkirchplatz installiert. Die Region Lieberose/Oberspreewald hat sich den Namen "Leichhardt-Land" gegeben, in Goyatz gibt es die Leichhardt-Oberschule. Gute Ansätze, aus denen mehr werden könnte, mahnte Bayerl eine noch stärkere touristische Vermarktung im Zeichen Leichhardts an.
Es muss also nicht dabei bleiben, dass Leichhardts Bekanntheitsgrad außerhalb einer engagierten Fachgemeinschaft zu wünschen übrig lässt. Nicht nur Bayerl war die Leidenschaft für den Lausitzer Forscher "Down Under" anzumerken. Neben namhaften Referenten waren Schüler der Ludwig-Leichhardt-Oberschule aus Goyatz gekommen. Ihr Interesse und ihre Begeisterung gab Grund zur Hoffnung, dass die Bekanntheit Leichhardts weiter getragen werde. Das hatte Amtsdirektor Bernd Boschan für Lieberose/Oberspreewald als Gastgeber in seiner Eröffnung als Wunsch formuliert – und, dass noch mehr Menschen vom "Leichhardt-Virus", der Begeisterung für den Forscher, infiziert werden. Einige wichtige Partner sind es längst: Mit Hilfe der Australischen Botschaft, der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und des Landkreises Dahme-Spreewald war die Veranstaltung möglich geworden.