Berlin (MOZ) Hoher Besuch im wahrsten Sinne des Wortes: Am Donnerstagmorgen legte am Tempelhofer Ufer der Nachbau eines historischen Kaffenkahns an. Mit der Aktion feierte das Technikmuseum sein 30. Jubiläum und den 200. Geburtstag des Australienforschers Ludwig Leichhardt.
32 Meter lang und 20 Meter hoch ist das Original des Lastenkahns, der aus der Zeit um 1840 stammt. Sein Mast erstreckt sich durch drei Stockwerke des Neubaus des Deutschen Technikmuseums in Berlin.
Zum Jubiläum des Museums bekam das 1987 aus der Havel geborgene Gefährt Besuch von seinem Zwilling. Dieser allerdings ist in sehr viel besserer Verfassung als das historische Wrack. Der Schiffsbauingenieur Peter Alker aus Fürstenberg an der Havel hat das größte Ausstellungsstück des Technikmuseums nachbauen lassen und sich damit einen Traum erfüllt.
Empfangen wurde der Kahn in Berlin unter anderem vom australischen Botschafter Peter Tesch. Denn das Museum feiert nicht nur seinen eigenen, sondern auch den Geburtstag des Australienforscher Ludwig Leichhardt (1813 bis ca. 1848). Dass er ein zwar kurzes, aber aufregendes Leben führen konnte, verdankte er unter anderem einer Flotte von Kaffenkähnen. Mit jener verdiente sein Vater Hieronymus Leichhardt Anfang des 19. Jahrhunderts auf dem Schwielochsee im Spreewald sein Geld. So viel hatte er davon, dass sein Sohn in Berlin Naturwissenschaften studieren und sich danach ins ferne Australien aufmachen konnte.
1844 brach Ludwig Leichhardt zu seiner ersten Expedition in den Nordteil Australiens auf. Im darauffolgenden Jahr wurden seine Reisetagebücher veröffentlicht. Er untersuchte die geologische Beschaffenheit des Kontinents, sammelte Pflanzen und katalogisierte Hölzer. Dabei halfen ihm Aborigines mit ihrem Wissen über Pflanzen und Tiere. 1848 verschwand er bei seiner letzten Expedition.
Der im Technikmuseum ausgestellte, alte Kahn war vermutlich bei einem Unwetter untergegangen. Nach seiner Bergung aus der Havel bei Spandau wurde er konserviert und ist seit 2003 in der Schiffsabteilung zu sehen.
Vor dieser Kulisse übergab Museumsdirektor Dirk Böndel am Donnerstagvormittag dem Besitzer des neuen Kahns, Peter Alker, einen historischen Dachziegel, der aus dem Wrack geborgen worden war. Für einige Monate wird dieser Ziegel in der Leichhardt-Ausstellung im Schloss Banitz in Cottbus zu sehen sein.
Aber auch das Technikmuseum bekommt ein neues Exponat: ein 50 Quadratmeter großes, handgefertiges Kaffenkahnsegel aus der Zeit um 1900. Die Schifferfamilie Manzel aus Himmelpfort (Oberhavel) vermacht dieses Stück Familienbesitz der Schiffsabteilung des Museums.
Im 19. Jahrhundert wurden Kaffenkähne benutzt, um große Mengen von Waren und Baumaterialien aus dem Umland nach Berlin und zurück zu transportieren. Die Bord- und Bodenplanken des Kahns münden vorne in einer Spitze, die wie ein Schnabel aussieht. Der Bootsführer nutzte sie als Hilfe beim Peilen, denn auch über eine riesige Ladung hinweg ragte diese sichtbar empor.
In den kommenden Tagen wollte Peter Alker eigentlich mit seinem Kahn bis zum Schwie-lochsee schippern und Fahrgäste mitnehmen - unter anderem zu einem Abstecher nach Beeskow. Dann aber kam der Streik der Schleusenwärter dazwischen. Nach dem Halt vor dem Technikmuseum am Tempelhofer Ufer hat der Kahn es zwar raus aus Berlin geschafft. An der Wernsdorfer Schleuse war am Donnerstag jedoch zunächst Schluss. Die Termine der nächsten Tage werden deshalb abgesagt, heißt es bei der Tourismus-Entwicklungsgesellschaft Lieberose/Oberspreewald.
Die Organisatoren zeigten sich jedoch zuversichtlich, dass der Lastenkahn bis zum Montag bis in den Spreewald kommen wird.