Goyatz (MOZ) Der originalgetreu nachgebaute Kaffenkahn, der anlässlich des Leichhardt-Jubiläums bis Sonntag auf dem Schwielochsee kreuzt, hat seine ersten Fahrgäste befördert. Die haben den Törn unter Segel genossen.
Miteigner Olaf Hinz, und die Bootsleute Petra und Stephan von Obstfelder ziehen das zusammengefaltete Großsegel der "Concordia" auseinander und befestigen es am Spreizbaum. Dann hissen sie mit vereinten Kräften das 40 Quadratmeter große Sprietsegel auf den 13 Meter hohen Mast. Es hat ein wenig aufgefrischt auf dem Schwielochsee, der Wind kommt von Achtern: Ideale Bedingungen für die Fahrt unter Segel. Kapitän und Miteigner Peter Alker stoppt die Maschine. Auf einmal ist es ganz still. Nur das Plätschern des Wassers unter dem flachen Bug dringt an die Ohrmuscheln durch. Der Kahn hat merkbar Fahrt aufgenommen. "Diese Ruhe", sagt Edith Valentin aus Senftenberg, die mit ihrem Enkelsohn Darius (6) zu den ersten Passagieren der Kaffenkahnfahrten auf dem Schwielochsee gehört. "Mir gefällt der Kontrast zu den modernen sterilen Motoryachten", kommentiert die Urlauberin. Auch aus der Schwielochseeregion sind Fahrgäste erschienen. "Kein Lärm und gute Luft", lobt Wieland Schmidt aus Lieberose. Seine Ehefrau Christina Schmidt versucht sich in die Geschichte zurückzuversetzen: "Ich würde gerne Mal 200 Jahre zurückblicken, wie das damals auf einem Kaffenkahn wirklich zuging." Heinz-Gerd Hesse, der mit Ehefrau Friederike Hesse aus Lieberose zur Kaffenkahnfahrt an den Schwielochsee kam, freut sich, dass die Luft im Gegensatz zu den Vortagen endlich bewegt ist: "Herrlich, dass ein wenig Wind aufkommt!", so der Lieberoser.
Heute bricht der Kahn nach Beeskow auf. Die Fahrt, für die es noch einzelne Karten gibt, startet um 10 Uhr ab Goyatz. Das Fahrzeug wird um 12 Uhr an der Wasserwelt eintreffen, wo es um 14 Uhr eine Zustiegsmöglichkeit gibt.
Weitere buchbare Fahrten gibt es am Donnerstag um 19 Uhr ab Zaue, und am Sonnabend anlässlich des Bootskorso um 18.30 Uhr ab Goyatz sowie am Sonntag um 13 Uhr ab Zaue. Der diesjährige Bootskorso ist in das Leichhardt-Jahr eingebunden, der Kaffenkahn wird den Reigen der mehr als 400 geschmückten Boote anführen.
Der Kaffenkahn war Mitte Juli von seinem Heimathafen in Fürstenberg (Havel) in Richtung Spree aufgebrochen. Bis Berlin verlief die Reise für Peter Alker und seine Crew reibungslos. Am Mittwoch legte das Gefährt am Deutschen Technikmuseum an, wo die Crew am Donnerstag vom australischen Botschafter Peter Tesch und Museumsdirektor Dirk Böndel empfangen wurde. Ab Donnerstag wurden alle vom Wasserschifffahrtsamt Berlin betriebenen Schleusen für zweieinhalb Tage bestreikt. Der Crew gelang es, eine inoffizielle Betriebsschleue in Kreuzberg zu benutzen und auf diese Weise das Stadtgebiet zu verlassen. Vor der Schleuse Wernsdorf mussten die Kaffenkahnfahrer dann allerdings zwei Tage lang warten. Immerhin wurde ihnen Sonntagmorgen trotz vieler wartender Boote die erste Schleusung gestattet. In Fürstenwalde war man hingegen weniger zuvorkommend, hier musste sich der Kaffenkahn eineinhalb Stunden lang in die Warteschlange einreihen. In Neuhaus nahm das Schiff Sonntagabend die letzte Schleusung vor der Schließung in Anspruch. Auf dem Weg nach Beeskow geriet der Kahn wegen Niedrigwassers mehrmals auf Sandbänke. 1000 Meter vor der Marina Beeskow fuhr sich der Kaffenkahn so schlimm fest, dass er vom Beeskower Hafenmeister André Rädel mit Hilfe eines Jeeps vom Ufer aus freigezogen werden musste. Das letzte Stück bis Zaue erledigte die Crew kaum ausgeschlafen Montagmorgen. An Entspannen war indes nicht zu denken: Am Anleger warteten die ersten Fahrgäste. Die sparten angesichts der Odyssee, die sich bereits herumgesprochen hatte, nicht mit Applaus.
Reservierung für Kaffenkahnfahrten bei der TEG unter Tel. 035478 179090. Tickets kosten zwischen 12 und 25 Euro, Kinder fahren in Begleitung eines Erwachsenen zum halben Preis.